Kapuzinerkresse und Meerrettich: Scharfe „Hausmittel“ gegen Bakterien?

Der Herbst naht und mit ihm das leidige Thema mit Erkältungen und Blasenentzündungen. Unkomplizierte Infekte der Atemwege und der Blase sind in erster Linie eins: nervig! Man möchte die Symptome schnell wieder loswerden und seinem Alltag nachgehen können. Der Einsatz von Antibiotika, nur um schneller wieder auf dem Damm zu sein, ist bei milden Infektionen nicht nur unnötig, sondern aufgrund der zunehmenden Antibiotikaresistenzen sogar schädlich. Und bei den meist viralen Atemwegsinfekten noch dazu völlig sinnlos.

Da „schneller wieder fit sein“ als der Körper es ohne Unterstützung schafft, bei vielen Menschen ganz weit oben auf der Wunschliste steht, rücken immer wieder alte Hausmittel in den Fokus. Darunter auch Senföle gegen milde Infektionen. Seit über 60 Jahren gibt es tatsächlich ein pflanzliches (phytotherapeutisches) Kombinations-Präparat aus den Senfölen der Kapuzinerkresse und des Meerrettichs auf dem deutschen Markt – wer in historische Quellen schaut, findet auch weitaus ältere Empfehlungen, die Jahrhunderte zurückreichen. Doch was ist dran?

Behandlung mit Senfölen?

Zu den häufigsten Erkrankungsfällen in den Hausarztpraxen zählen Schnupfen, grippale Infekte, Nasennebenhöhlenentzündungen sowie Blasenentzündungen. Während die Atemwegs-Infekte in erster Linie von Viren verursacht werden, sind bei den Harnwegsinfekten meist Bakterien die Übeltäter. Trotz der unterschiedlichen Verursacher findet man für beide Fälle unter anderem die Empfehlung, auf ein Kombinationspräparat aus den Senfölen von Kapuzinerkresse und Meerrettich zu setzen, um die Infektionen schneller in den Griff zu bekommen. Der Grund für diese Empfehlung liegt im Folgenden:

Die Pflanzenfamilie der Kreuzblütengewächse, zu der neben Kapuzinerkresse und Meerrettich auch Senf, Brokkoli, Pak Choi und Radieschen gehören, hat die Senföle im Lauf der Evolution zur Abwehr von Bakterien, Viren, Pilzen und Fraßfeinden „entwickelt“. Sozusagen als Universalwaffe. Und genau diese breite Wirksamkeit zeigen die Senföle auch in sogenannten „in vitro“-Studien. Dabei handelt es sich um Laborversuche an Zell-Kulturen – also nicht im lebenden Organismus (das nennt man „in vivo“):

Dabei wurde nachgewiesen, dass Senföle eine hemmende Wirkung auf Viren und Bakterien bei Harn- und Atemwegsinfektionen haben können. Unter anderem konnte ein breites antibakterielles Wirkspektrum von Senfölen aus Kapuzinerkresse und Meerrettich gezeigt werden – sogar gegen multiresistente Keime wie MRSA, vancomycin-resistente Enterokokken sowie penicillin-resistente Pneumokokken. Außerdem deuten etlichen Studien auch auf eine entzündungshemmende Wirkung hin. Allerdings, wie bereits erwähnt, alles nur an Zellkulturen! Auch der Nachweis einer bis zu 90%igen Reduktion der Vermehrung von Viren (Influenza-A-Virus H1N1) erfolgte nur an Lungenepithelzellen und nicht am Patienten.

Wirklich belastbare in vivo-Studien, also im lebenden Organismus oder gar mit größeren Patientengruppen, fehlen.

Dennoch wird der Einsatz von Präparaten mit Kapuzinerkresse und Meerrettich bei häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen als pflanzliche Behandlungsmöglichkeit in der S3-Leitlinie zur Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfektionen vorsichtig empfohlen. Zumindest für Patientinnen vor den Wechseljahren.

Warum wirken Senföle in erster Linie bei Atemwegs- und Harnwegsinfekten?

In der Pflanze liegen die Senföle in zwei voneinander getrennten Vorstufen vor. Erst wenn diese sich durch eine Verletzung der Pflanzenzelle mischen, entstehen die aktiven Senföle. Auch als Medikament wird dieses System genutzt. Nach dem Schlucken erfolgt im Magen zunächst der Umwandlungsprozess zum aktiven Senföl. Das wird dann bereits im ersten Darmabschnitt vollständig ins Blut aufgenommen, sodass es auch dem Mikrobiom nichts anhaben kann.

Im Blut werden die Senföle an Eiweiße gebunden und zirkulieren im Kreislauf. Sie sammeln sich jedoch nach und nach in den Ausscheidungsorganen: in der Harnblase und in der Lunge. Dort können sie dann theoretisch auch Bakterien und Viren angreifen.

Fazit

Bei leichten und unkompliziert verlaufenden Infektionen der Blase und der Atemwege muss kein Antibiotikum eingenommen werden. Vor allem, da die meisten Atemwegsinfektionen von Viren verursacht werden, gegen die Antibiotika sowieso nicht wirken. Präparate, die Senföle enthalten, könnten den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und könnten so dazu beitragen, dass Dein Körper die Infektion schneller in den Griff bekommt. Um das jedoch mit absoluter Sicherheit sagen zu können, bräuchte es eine bessere Studienlage.

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