RNA Antibiotikaentwicklung

RNA – neue Ansatzpunkte für die Antibiotika-Entwicklung?

Spätestens seit Entwicklung der Corona-Impfstoffe hat jeder schon einmal etwas von ihr gehört. Die RNA (Ribonucleic Acid oder auf Deutsch Ribonukleinsäure (RNS)) spielt eine wichtige Rolle bei der sogenannten Proteinbiosynthese, der Bildung von Proteinen in den Zellen. In der modernen Medizin spielt die RNA eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Entwicklung von Medikamenten, da mit ihrer Hilfe sehr gezielt in den Organismus eingegriffen werden kann. Und auf der anderen Seite ist die RNA von Mikroorganismen ein sehr guter Angriffspunkt für Medikamente, denn wenn die Proteinbiosynthese nicht mehr funktioniert, stirbt die Zelle ab.

Was macht die RNA?

Die Erbinformation wird im Zellkern in der DNA gespeichert. Mit Hilfe der RNA werden aus den gespeicherten Informationen Proteine „gebaut“. Zunächst wird dafür aus der sogenannten Messenger-RNA (mRNA) eine Kopie der DNA erstellt, die als Bauplan fungiert und aus dem Zellkern transportiert wird. Außerhalb des Zellkerns kommt dann die Transfer-RNA (tRNA) mit ins Spiel: Jede tRNA trägt eine einzelne Aminosäuren, aus denen die Proteine aufgebaut werden. Nach und nach werden die entsprechenden tRNA Moleküle an die mRNA gelegt und die Aminosäuren werden miteinander verbunden – so entstehen Aminosäureketten in der richtigen Reihenfolge. Die „Vermittler“ dafür sind die sogenannten Ribosomen, die sich an die mRNA anlegen und für die Bindung zwischen mRNA und tRNA sorgen – und ihrerseits selbst überwiegend aus RNA besteht (rRNA). Außerdem gibt es noch einige RNA-Moleküle, die verschiedene Prozesse in der Zelle katalysieren (Ribozyme).

Viele Angriffspunkte also, wenn man es schafft, Prozesse mit RNA-Beteiligung zu stören.

Konkurrenzkampf in der Mikrowelt

Das Leben ist hart, Ressourcen und Lebensraum sind begrenzt. Das gilt auch für die Mikrowelt. Darum haben Mikroorganismen im Lauf der Evolution zahlreiche Möglichkeiten entwickelt, potenzielle Konkurrenten abzutöten.

Beim Machtkampf in der Mikrowelt kommen ganz unterschiedliche Methoden zum Einsatz. Eine davon ist die Bildung von toxischen Substanzen, die andere Bakterienarten abtöten können. Angriffspunkte für diese Bakteriengifte sind häufig lebensnotwendige Proteine oder die DNA der anderen Bakterienart. Ausgerechnet bei dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa, das vor allem bei Risikopatienten Infektionen verursachen kann , sind Wissenschaftler nun auf eine bisher unbekannte Taktik gestoßen: Das gegen zahlreiche Antibiotika resistenten Bakterium produziert ein Toxin, das andere Bakterienarten abtötet – und zwar indem es RNA-Moleküle anderer Bakterien sabotiert. Das Toxin fügt kleine Anhängsel an die betroffenen RNA-Moleküle und behindert damit ihre Funktion. In der Folge stirbt die Zelle ab.

Diesen Mechanismus könnte man für die Entwicklung einer neuer Klasse von Antibiotika nutzen.

Antibiotika auf mRNA-Basis – der „Antisense-Ansatz“

Eine weitere Möglichkeit ist, mit Hilfe der mRNA-Technologie gezielt in den Stoffwechsel von Bakterien einzugreifen und sie dadurch abzutöten. Was der Wissenschaft vorschwebt, sind „programmierbare mRNA-Antibiotika“.

Das Prinzip dahinter ist theoretisch ebenso simpel wir brillant: mRNA besteht aus einem einzelnen Strang, an den sich das Ribosom anlagert und dann die jeweils passenden tRNAs dazu setzt. Baut man nun einen mRNA-Strang im Labor nach, der genau zu einem bestimmt Abschnitt der Bakterien-mRNA passt, und schleust ihn in die Zelle, lagert der sich an die mRNA des Bakteriums an. Dieser sogenannte Antisense-Strang blockiert die mRNA: Dadurch kann kein Ribosom mehr binden, keine tRNA kann sich anlagern, das Protein wird nicht gebildet und das Bakterium stirbt ab.

Erste Versuche zeigen die Machbarkeit

Soweit die Theorie. In der Praxis hat eine Forschergruppe aus Würzburg eine erste „Machbarkeitsstudie“ durchgeführt. Die hat gezeigt, dass die Antisense-Stränge so spezifisch sind, dass sie tatsächlich nur die Gene auf der mRNA des Bakteriums blockieren, gegen die sie gerichtet sind. Was sehr gut ist.

Allerdings waren die Stränge in den ersten Versuchen noch so lang, dass die Bakterien das Durchdringen ihrer Zellmembran bemerkt und mit einer Stressreaktion reagiert haben. Diese könnte auf längere Sicht eine Gegenmaßnahme der Bakterien verursachen, also einer Resistenzbildung. Die Versuche haben jedoch auch gezeigt, dass kürzere Antisense-Ketten ihren Zweck ebenfalls erfüllen. Hier lohnt also in jedem Fall eine weitere Forschung, da diese Technik dann auch bei evolutiven Anpassungen oder ganz neuen Erregern angepasst werden kann.

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