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Spannende Doku über die „Stille Pandemie“: Aktuell noch zu sehen auf Arte!

Der Arte-Doku „Stille Pandemie“, die noch bis zum 11. Juni 2022 in der Arte-Mediathek abrufbar ist, gelingt eine unglaubliche Mischung: Sie zeigt ein globales Problem anhand einzelner Schicksale, Forscher und Unternehmen. Die Filmpremiere fand am 14. März 2022 im Filmpalast Köln mit Sally Davies als Ehrengast statt, der Sondergesandten der britischen Regierung für Antibiotika-Resistenz. Die Doku schafft eine persönliche Verbindung zum Zuschauer – atmosphärisch dicht wie ein Spielfilm, und emotional packend und bedrückend, als wäre man selbst betroffen.

Und genau so ist es. Die Ausbreitung der Resistenzen geht jeden einzelnen Menschen auf diesem Planeten an. Sie bedroht jeden einzelnen und jeder einzelne kann dazu beitragen, die Ausbildung von Resistenzen zu verhindern oder wenigstens zu verlangsamen.

Die stille Pandemie, vor der wir uns verstecken

Die Doku zeigt eine junge Frau aus Deutschland, die Hände und Füße durch eine Sepsis verlor, an der sie fast sogar gestorben wäre. Eine Frau aus den USA, die durch den übermäßigen und unbedachten Gebrauch von Antibiotika ihr Mikrobiom so zerstörte, dass nur noch eine Mikrobiom-Transplantation ihr Leben retten konnte. Sie zeigt, dass man sich Resistenzen per Blumenzwiebel in den Garten holen kann und das aus geimpften Eiern Masthähnchen-Küken schlüpfen, die nicht mit Antibiotika behandelt werden müssen. Es sind einzelne Patienten, Forscher und Unternehmensführer, die in der Dokumentation durch die Fakten leiten – aus immer anderen Blickwinkeln und überall auf dem Planeten.

Den Begriff „Stille Pandemie“ verwendet die Weltgesundheits-Organisation WHO seit 2021 im Zusammenhang mit Antibiotikaresistenzen. Gegen Ende der gleichnamigen Doku fasst der Gesundheitswissenschaftler der Boston University, Muhammad Zaman, es ein wenig anders zusammen: „Wir tun so, als ob es eine stille Pandemie wäre. Aber sie ist nicht still. Sie versteckt sich nicht. Wir sind es, die sich vor ihr verstecken.“

5 Millionen Todesfälle pro Jahr weltweit

Und genau dieser Satz scheint es erschreckend deutlich auf den Punkt zu bringen. Denn während die ganze Welt mit Schrecken täglich jeden einzelnen Corona-Toten zählt (im April 2022 etwa 6,2 Millionen nach ca. 2,5 Jahren Corona-Pandemie), berichtet niemand von den täglichen Toten, die durch resistente Erreger verursacht werden. Doch legten im Januar 2022 gleich zwei wissenschaftliche Publikationen offen, wie dramatisch die Lage ist:

Da wäre zum einen der erste gemeinsame Bericht des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und der WHO/Europa. Er stützt sich auf Daten aus dem Jahr 2020 und gibt einen Überblick über antimikrobielle Resistenzen (AMR) in der gesamten Europäischen Region. Er beziffert die Anzahl medikamentenresistenter bakterieller Infektionen allein im Europäischen Wirtschaftsraum für das Jahr 2020 auf 670.000. Rund 33.000 Patienten verstarben.

Und dann wäre dort eine Studie, die in „The Lancet“ erschien und Daten aus dem Jahr 2019 auswertet. Laut Modellrechnungen der Forschergruppe starben 2019 auf der Welt mehr als 1,2 Millionen Menschen unmittelbar an einer Infektion mit einem antibiotikaresistenten Erreger. Doch war bei etwa 5 Millionen Todesfällen eine solche Infektion mindestens mitverantwortlich. 5 Millionen! In einem Jahr. Damit gehören Antibiotika-Resistenzen weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Und immer mehr Antibiotika werden unwirksam, ohne dass neue Wirkstoffe auf den Markt kommen!

Zeit, sich verantwortlich zu fühlen!

Es ist demnach höchste Zeit, dass jeder sich verantwortlich fühlt. Denn jeder ist es. Nicht nur in Politik, Gesundheitswesen und Landwirtschaft muss etwas passieren, sondern wir alle müssen umdenken. Genau das zeigt die Dokumentation „Stille Pandemie“ eindrücklich wie kein anderer Bericht, den ich in den letzten Jahren gesehen habe. Darum meine Empfehlung: unbedingt ansehen!

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2 thoughts on “Spannende Doku über die „Stille Pandemie“: Aktuell noch zu sehen auf Arte!”

  1. Sehr geehrte Damen und Herren,
    Mein Name ist Dr. Thomas Marx. Mit Interesse lese ich die Beiträge auf Ihrer Website zu diesem relevanten und immer größer werdenden Problem.

    Als Leiter und ärztlicher Koordinator des ABS-Teams im Klinikum Freising bereite ich gerade eine Fortbildung für unser Klinikum vor. Wäre es möglich, dass Sie mir die oben zitierte Studie aus „The Lancet“ von 2019 zukommen lassen? Das würde mir sehr weiterhelfen.
    Vielen Dank,
    BG Thomas Marx.

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