Antibiotikum oder Antiseptikum? Was ist bei lokalen Infektionen besser?

Die Frage lässt sich zwar nicht pauschal und in einem Satz beantworten, Fakt ist jedoch, dass bei der Behandlung von Wunden häufiger zu lokal wirkenden Antibiotika gegriffen wird, als es sinnvoll ist. Für uns Grund genug, mal einen differenzierten Blick auf die Anwendung „topischer“ Bakterienkiller zu werfen.

Als topisches Arzneimittel werden all jene Präparate bezeichnet, die nicht eingenommen oder gespritzt werden, sondern nur örtlich begrenzt aufgetragen werden. Im Bereich der Wundversorgung geht es oft um die Vermeidung oder Behandlung von Infektionen mit topischen Antibiotika oder Antiseptika. Wir erklären, wo der Unterschied ist und in welchen Fällen was besser ist.

Was sind Antiseptika und wie wirken sie?

Als Antiseptikum bezeichnet man in der Medizin Substanzen, die Mikroorganismen auf lebenden Oberflächen abtöten und damit zum Beispiel eine Wundinfektion verhindern, aus der auch eine Sepsis (oft als Blutvergiftung bezeichnet) entstehen kann. Zu ihnen gehören zum Beispiel verschiedene Alkohole und iodhaltige Verbindungen. Die antibakterielle Wirkung der Antiseptika beruht darauf, dass sie Stoffwechselvorgänge, Toxine und Enzyme stören. Es kommt zu einer sogenannten „Proteinausfällung“: Die Struktur von Proteinen wird verändert, sodass sie ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können, wodurch die Zelle letztlich abstirbt.

Dieser Mechanismus ist relativ unspezifisch. Dies hat auf der einen Seite den Vorteil, dass Bakterien kaum in der Lage sind, Resistenzen gegen Antiseptika zu entwickeln. Doch es gibt einen Nachteil: Antiseptika greifen durch ihren unspezifischen Wirkmechanismus auch die Zellen des menschlichen Körpers an, wodurch u.a. die Wundheilung gestört werden kann. Eine Ausnahme gibt es in der Zahnmedizin: Das Antiseptikum Chlorhexidin, das in der Mundhöhle häufig verwendet wird, hat laut Studien keine negativen Auswirkungen auf die Wundheilung. Beim Einsatz von Antiseptika gilt jedoch allgemein: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.

Warum lokal wirkende Antibiotika keine Alternative sind

Antibiotika haben einen völlig anderen Wirkmechanismus, durch den sie sehr spezifisch nur auf Bakterienzellen und überhaupt nicht auf menschliche Zellen wirken: Sie greifen ausschließlich Strukturen und Mechanismen bakterieller Zellen an, die es in menschlichen Zellen nicht gibt. Zum Beispiel Strukturen der Zellwände oder spezifische Enzyme. Eine Schädigung der menschlichen Zellen ist dadurch ausgeschlossen, jedoch besteht auch die Gefahr von Resistenzbildungen. Insbesondere eine zu niedrige Dosierung, sowie eine zu häufige oder inkonsequente Anwendung begünstigen die Ausbildung von Resistenzen.

Und genau dies passiert bei der lokalen Anwendung von Antibiotika häufiger als bei Tabletten: Antibiotische Salben werden nicht immer großflächig und dick genug aufgetragen, oft nicht regelmäßig und lang genug angewendet und Reste werden häufig aufbewahrt und beim nächsten Mal eigenmächtig eingesetzt. Darum wird in der Humanmedizin inzwischen oft vor dem Einsatz von lokal wirkenden Antibiotika gewarnt.

Wann sind lokal wirkende Antibiotika einem Antiseptikum vorzuziehen?

Es gibt jedoch Infektionen, bei denen lokale Antibiotika unbedingt angeraten sind. Da wäre zum Beispiel eine durch Bakterien ausgelöste Bindehautentzündung (bakterielle Konjunktivitis) – es gibt zwar Augensalben, die im weitesten Sinne antiseptisch wirken und es Bakterien schlicht schwer machen, sich auf der Augenoberfläche festzuhalten, doch sind sie in erster Linie dazu gedacht, Entzündungen der Lidränder zu behandeln.

Auch wenn eine Dekolonisierungsbehandlung bei Personen durchgeführt werden soll, die mit einem „MRSA“ besiedelt sind, also einem resistenten Staphylococcus aureus, ist ein topisches Antibiotikum ein wichtiger Bestandteil.

Wichtig ist jedoch in jedem Fall die korrekte Anwendung der antibiotischen Salben. Vor allem sollte die Behandlung auch nach dem Abklingen der Symptome noch einige Tage fortgeführt werden. Wird die Therapie zu früh beendet, kann die Infektion wieder aufflammen und auch die Bildung von Resistenzen wird enorm begünstigt.

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